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Berlin-Marathon - 26. September 2004

Unsere Truppe aus der Doku ist fast vollständig angereist. Michael, der SWR Moderator und Manni, der längst nicht mehr "nur" ein Kameramann vom SWR ist, sondern mittlerweile ein guter Freund, schlafen bei uns. Die anderen, Anna-Freda, Dieter und Frank sind bei "Mücke" und seinen Freunden untergekommen. Alle werden starten, bis auf Anna-Freda, die vor dem Reichstag ihr Kunstprojekt verwirklicht.

Ich bin schon früh wach. Michael liegt als letzter immer noch im Bett und ist völlig entspannt, zumindest äußerlich. Er weiß, er schafft es und isst dann auch ganz in Ruhe seinen Toast mit Nutella. Manni ist genauso hibbelig wie ich, denn ich konnte erst im Juli regelmäßig mit dem Training beginnen.

Endlich, nachdem wir noch unseren Freund Jens aufgelesen haben, geht’s los zum Treff an der Siegessäule.
Auweia!! Kurz vorm Ziel bemerke ich, dass ich mein Patellasehnenband vergessen habe. Ich bin ja im Januar am Meniskus operiert worden und im Mai wurde ein Palellasehnenrelease gemacht und eine Hoffahypertrophie beseitigt. Um kein Risiko einzugehen, soll ich dieses Band bei längeren Belastungen tragen. Mein Mann ist stinkesauer. Er setzt uns ab und fährt noch einmal nach Hause, um es zu holen.

Langsam setzt Nieselregen ein und der Platz füllt sich mit Teilnehmern der RBB-Laufbewegung. Endlich ist auch mein Mann zurück. Er wird ziemlich weit vorn starten. Heute ist sein "großer Tag", er möchte die vier Stunden "knacken"“. Manni und ich gehen los, um uns im hinteren Startfeld einzureihen. Hier treffen wir auch auf Hans und Peter aus der Laufgruppe meines Mannes. Peter will heute seinen 10. Berlin Marathon finishen, um in den Jubilee-Club zu kommen. Hans wird mein "Tempomacher" sein, denn ich möchte gern unter 5 Stunden bleiben. Ich habe immer noch kein Gefühl für das Tempo entwickelt, lasse mich leicht von anderen Läufern mitreißen und merke dann nicht, wenn ich zu schnell angehe. Hans ist schon längst im Jubilee-Club (11 Marathons) und kann den Marathon fast auf die Minute genau in immer der gleichen Geschwindigkeit absolvieren. Er ist halt sehr erfahren und wird mich begleiten.

Der Startschuss fällt und es dauert eine Ewigkeit, bis auch wir hier hinten in leichten Trab fallen können. Manni und ich haben unser gelbes Shirt aus der Sendung an. Wir werden von vielen Menschen angesprochen und bekommen Lob, dass wir dem Laufsport treu geblieben sind. Hansi bremst uns immer wieder. Langsam sollen wir machen, langsam. Das Ziel wäre noch weit. Trotzdem sind wir im nu wieder 200-300m voraus. Manni´s Kopf ist mehr hinten als vorn, damit wir Hans nicht aus den Augen verlieren und der Abstand sich nicht vergrößert.
Hans ist ganz aus dem Häuschen, dass uns noch so viele Menschen erkennen und ansprechen.
Peter pendelt auch immer außen vorbei, mal ist er schräg vor uns, mal weiter hinten. Er kann anscheinend auch kein konstantes Tempo laufen.
Ich bin ganz locker, habe keine Schmerzen und unterhalte mich mit Manni. Bei Kilometer 21 soll ein Freund bereit stehen. Bei ihm möchte ich meinen Trinkgürtel tauschen. Panik!! Er steht nicht an der vereinbarten Kreuzung. Ich kann ihn nirgends sehen, obwohl hier alles sehr übersichtlich ist. Ich werde total hektisch, ohne mein eigenes Trinken möchte ich nicht weiter laufen. Habe ich ihn übersehen? Ich laufe wieder ein paar hundert Meter zurück. Gelächter, "Du läufst in die falsche Richtung!" "Bist du schon zurück?"

Das macht jetzt keinen Spaß mehr. Hansi und Peter laufen weiter. Ich rate Manni das gleiche, aber er bleibt bei mir. Er will sein Trinken mit mir teilen und überredet mich erst einmal weiter zu laufen, zumindest bis zur nächsten U-Bahn Station.
Ich bin völlig von der Rolle, aber dann drei Kreuzungen weiter steht er, unser Freund, mit meinem Nachschub (Trinken, Powergel usw.). Ganz ruhig, obwohl ich ihn erst anschnauze. Jetzt kann der zweite Teil beginnen, nach kurzer Zeit habe ich mich wieder gefasst. Die Beine sind immer noch locker und wir fühlen uns super.
Irgendwo beim "Wilden Eber" treffen wir auch noch auf Dieter (der Brauer aus dem Schwarzwald) und laufen ein Stückchen gemeinsam. Peter und Hans sind nun verschwunden, die werden wir wohl nicht mehr finden.
Am Brandenburger Tor nehmen wir uns an den Händen.
"Manni, das ist historisch, wir beide durchlaufen dieses Berliner Wahrzeichen." Wir sind glücklich, wir haben es gemeinsam geschafft und fast eine Stunde schneller als in New York. Ohne Schmerzen, ohne Krampf, aber mit viel Spaß. Hansi und Peter sind auch kurz nach uns im Ziel. Ich denke: "So kann ein Marathonlauf auch sein".

Danke an alle, die mich an der Strecke motiviert haben, die einfach nur applaudiert oder mich mit meinem Namen angefeuert haben.
Übrigens, mein Mann hat es geschafft und sein Ziel erreicht 03:54:30h.
Ich bin stolz und überglücklich.

Iris

Foto: Manfred Karl Schuck

 
 

Fotos: Mike Timm